Antonie Stockinger

Hausfrau. Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime. Hingerichtet.

* 1905    † 1943

 

Lebenslauf

Antonie Stockinger wurde am 23.12.1905 in Wien geboren. Sie war verheiratet, Hausfrau und Mutter eines Sohnes, Walter.

Widerstand, Todesurteil, Hinrichtung

Antonie Stockinger unterhielt durch ihren Ehemann Kontakte mit kommunistischen Funktionären. Sie entschied nach einem Gespräch mit einem Funktionär Magrutsch, mehrere Familien im Sinne einer Unterstützungsaktion der KP zu betreuen.

Antonie Stockinger wurde am 23.1.1942 verhaftet und am 9.12.1942 zum Tode verurteilt. Ihre Hinrichtung erfolgte am 16.3.1943 im Landesgericht I in Wien. Aus dem Sterbebuch geht hervor, dass sie tapfer und gefasst starb.

An ihren Mann Franz, aus der Todeszelle E 17 im Landesgericht I Wien, vom 10.1.1943 (Auszug)

"Mein lieber Franzl! Vor allem grüße und küsse ich dich vielmals. Bin soweit gesund, was ich auch von dir hoffe. Wie geht es dir, bist du gesund? Hast ja zu Weihnachten Zerstreuung gehabt. Mutter sagte mir, dass Walter bei Julius ist. Lasse alle schön grüßen. Habe deinen Brief vom 15.11. mit Walters Brief am 18.12. erhalten. Er schreibt ja sehr schön, aber ohne Fehler geht es halt nicht. Ein kleiner zerfahrener Rutschepeter. Na, hoffentlich macht ihm das einmal keine Schwierigkeiten. Musst Hansl bitten, er soll ihn öfters hernehmen. Wie gerne hätte ich die Erziehung des Kindes in die Hände genommen. Aber leider, du siehst, es kommt immer anders, als wie man sich´s denkt..."

Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 3, Seite 1660. Wiener Stern Verlag 2016

An ihre Familie, aus der Todeszelle im Landesgericht I Wien, vom 7.3.1943 (Auszug)

"...Liebe Mutter, wollte dich auch fragen, habt ihr Walter das Hubertusmanterl auch schon gemacht? Er wird es jetzt gut brauchen können. Möchte den kleinen Lauser so gerne einmal sehen, aber leider darf es nicht sein. Vielleicht ist es mir doch noch einmal vergönnt, bei meinem Kinde und euch, meine Lieben, zu sein. Ich hoffe es, und ihr müsst mit mir hoffen. Und Mutterle, kränkt euch nicht so ab, es wird ja leider nicht anders, jetzt müssen wir schon abwarten, was uns das Schicksal bestimmt hat. Hans schreibt, wegen der Jahre soll ich mich nicht so schrecken, ich wäre ja glücklich, wenn meine Strafe in eine Freiheitsstrafe umgewandelt werden würde, dann würde ich nach einer Zeit doch nachhause kommen, ich wäre mein Leben lang dankbar dafür, dessen kannst du sicher sein. Hans soll nicht böse sein, ich hab ja nur gemeint, wir Frauen tragen es schwerer, weil wir eben Frauen sind. Also nichts für ungut. Freue mich schon auf den nächsten Besuch. Sind gewogen worden, habe mit Kleidern 73 kg. Ihr habt ja keine Ahnung, was das Seelische hier unten ausmacht. Es ist furchtbar, manches Mal glaubt man, man kann es überhaupt nicht aushalten, dann rafft man sich wieder zusammen und denkt sich, es muss gehen. Wir tun hier verschiedene Säcke kleben und wenn man arbeitet, so denkt man doch nicht so krass an das Furchtbare. Hoffentlich geht alles gut vorüber..."

"...Und weine nicht, mein Liebling, schau, vielleicht darf Mutti doch noch zu dir nachhause kommen und es wird alles wieder gut. Hat Papa schon geschrieben? Nun, liebe Mutti, Walterle und Hans, seid mir alle recht herzlichst und vielmals gegrüßt und geküsst von eurer Toni..."

Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 3, Seite 1662. Wiener Stern Verlag 2016

Aus dem Urteil

“Die Angeklagte war schon seit längerer Zeit durch ihren Ehemann mit den kommunistischen Funktionären Magrutsch, (Gustav) Blenz, dem Angeklagten Wagner und (Franz) Kuchar bekannt. Etwa im März 1940 sprach sie mit Magrutsch über die Unterstützung von kommunistischen Gesinnungsgenossen in der Tonwarenfabrik in Floridsdorf. Magrutsch teilte ihr mit, dass in den Betrieben in Floridsdorf durch die KP eine Unterstützungsaktion eingeleitet worden sei und stellte ihr Geldmittel zu Unterstützungszwecken in Aussicht. Die Angeklagte Stockinger übernahm darauf die Betreuung mehrerer Familien.”

Gedenkort - Landesgericht für Strafsachen Wien

Im ehemaligen Hinrichtungsraum des Landesgericht für Strafsachen Wien findet sich ihr Name auf einer der Gedenktafeln.

Gedenkort - Gruppe 40, Zentralfriedhof

In der Gruppe 40 wurden die im Wiener Landesgericht Hingerichteten beerdigt. 2013 wurde die Gruppe 40 zur Nationalen Gedenkstätte erklärt.

Quellen und Bildnachweise

  • Willi Weinert, "Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer". 4. Auflage Wiener Stern Verlag, 2017
  • Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. 4 Bände. Wiener Stern Verlag 2016
  • Porträtbild: Willi Weinert oder Wiener Stern Verlag
  • Bild Fallbeil/Guillotine: Leihgeber Kurt Brazda
  • Andere Bildrechte: Angabe bei Anklicken des Bildes (Bildinformation)
  • Andere Bilder: Privatbesitz oder Verein Zur Erinnerung

Hauptwerke zur Gruppe 40

Weiterführende Informationen

  • DÖW Katalog zur permanenten Ausstellung. Hg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Wien 2006
  • Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938-1945, Wien 2008
  • Die Geschichte des Grauen Hauses und die österreichische Gerichtsbarkeit, Wien 2012
  • DÖW (Hg.) Widerstand und Verfolgungen in den österreichischen Bundesländern (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Tirol, Niederösterreich, Salzburg), Wien 1975-1991
  • Heinz Arnberger, Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.) Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung, Wien 2011
  • Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner, Kurt Scholz (Hg.), „Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten“, Wien
  • Herbert Steiner, Gestorben für Österreich. Widerstand gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1995
  • Herber Steiner, Zum Tode verurteilt: Österreicher gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1964

Web-Hinweise


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